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Mit Schumpeter gegen Populismus

Wer hätte das gedacht? Der Ökonom Joseph Schumpeter tritt mit seiner 1940-1942 entwickelten Demokratietheorie im Jahr 2019 an, um gegen den Populismus Stellung zu beziehen.

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Diagnose: Autoritäre Politik funktioniert, weil ...

Am Anfang steht eine Diagnose, sie lautet: Autoritäre Politikansätze funktionieren, weil sie den Bürgern das Versprechen geben, aus der (anstrengenden) Verpflichtung* entlassen zu werden, die res publica, die öffentliche Sache, selbst verhandeln und vollbringen zu müssen. Die Sache wird um so anstrengender, je unübersichtlicher und komplexer die Welt wird. Man muss sich den Vereinfachern widersetzen und benötigt eine Handlungsanleitung, um mit der Komplexität umzugehen (Ein Verfahren hat Dirk von Gehlen in das Pragmatismus-Prinzip vorgeschlagen. Dazu habe ich bereits ausgeführt.

 

Der Populismus regiert bereits in vielen Staaten der Erde und hat auf Basis der obigen Definition bereits mannigfache Formen angenommen:

  • „Der starke Präsident erledigt es (für euch)!“, Modell Türkei, Rußland;
  • „Die (eine) starke Partei erledigt es (für euch)!“, Modell China;
  • „Die nach Irrungen und Wirrungen der liberalen Demokratie nun an die Macht gekommene (Mehrheits)-Partei tut es für euch!“, Modell Ungarn, Polen, Italien;
  • „Der Macher (hat sich ‚in der Wirtschaft‘ bewiesen!) macht es stellvertretend für euch!“, Modell USA.

 

Wie kommt nun Schumpeter ins Spiel? Hier wird die These vertreten, dass, wenn man sich seine Argumentation zu eigen macht, viele Vorteile gerade in der Auseinandersetzung mit Populisten zu Tage treten. Mit Schumpeter argumentieren heißt,

 

  • … sich orientieren können, weil die Analyse des politischen Prozesses sehr viel über das Wesen „des Systems“ aussagt.
  • … mit einer weitgehend deskriptiven Theorie nahe an einer „offensichtlichen Wahrheit“ über die westlichen Demokratien zu sein.
  • … viel näher an unserer Verfassungswirklichkeit sein, d.h. in der Konsequenz keine Kluft zwischen Verfassungsideal und Verfassungswirklichkeit verteidigen zu müssen.
  • … gleichzeitig die Wähler zu entlasten, unbedingt ihre eigene Sache zu vertreten zu müssen.
  • … autoritärer Politik widersprechen zu können und vom Wähler zumindest ein klares Urteilsvermögen bei der Auswahl der richtigen Politiker einfordern zu können. 

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Fragen an Schumpeters Demokratietheorie

Hier soll drei allgemeinen Fragen nachgegangen werden, sie lauten:

  • A. Was passiert eigentlich, wenn wir die „normative Brille“ absetzen und allein einen „realistischen Blick“ auf Demokratie wagen?
  • B. Wenn Schumpeters Demokratietheorie als deskriptive Theorie interpretationsoffen ist, wie argumentieren wir mit ihm gegen Populismus und auf welche Argumente derjenigen, die womöglich Ihrerseits versuchen werden, Schumpeter zu vereinnahmen, müssen wir vorbereitet sein?
  • C. Was sind Schumpeters „blinde Flecken“?

 

Einen detaillierten Blick auf Schumpeters Leben überlassen wir an dieser Stelle der Wikipedia. Hier soll ein nur ein Überblick gegeben werden: Sein Leben weist einige Besonderheiten auf: Früher Tod des Vaters, die Mutter heiratet einen pensionierten Offizier, über den der Junge als "Externer" Zugang zum Elite-Gymnasium Theresianum in Wien erhält. Die Verbindungen, die hier geknüpft werden, halten meist ein Leben lang, bei Schumpeter jedoch brechen sie teilweise 1919 und in den 1920er Jahren. Joseph Alois Schumpeter, wie sein kompletter Name lautet, studiert Wirtschaftswissenschaften und "entdeckt" am Ende der Studien, die ihn zur Habilitation führen die "Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung". Er findet im heroischen Unternehmer, der mit vollem persönlichen Risiko, kreditfinanziert "das Neue" wagt, die Ursache für das Ende ökonomischer Krisen und den Beginn eines neuen Aufschwungs. In der 1911 erscheinenden Schrift werden nunmehr die Konjunkturzyklen des Industriekapitalismus beschrieben und analysiert. Mit dieser einen These ist Schumpeter schlagartig eine "Berühmtheit". Es folgen Wanderjahre der wissenschaftlichen Bestätigung, die ihn nach dem Krieg 1919 zuerst als Berater der Sozialisierungskommission nach Berlin und anschließend als Finanzminister in das Kabinett Renner in Österreich bringt. Außenminister ist Otto Bauer, der den linken Flügel der Sozialdemokratie anführt. Schumpeters Persönlichkeit scheint in dieser Zeit schwankend, mal richtet er die "Fahne nach dem Wind", mal ist er stur und schon nach acht Monaten verlangt sein Freund Bauer (man kannte sich vom Theresianum!) vom Kanzler, Schumpeter zu entlassen. Der begibt sich fortan in die Finanzwirtschaft, er wird Bankier und scheitert als solcher mit hohen Schulden im Krisenjahr 1924.

(vgl. v.a. Schäfer (2008), S. 92-101).

 

Nachdem er doppelt gescheitert ist: als Politiker und Bankier, legt er wiederum allen Ehrgeiz auf die Wissenschaft. Er wird bald Professor in Bonn, zuerst Gastprofessor in Harvard und 1932 packt er die Sache und tritt die reguläre Professur in Harvard an. Joseph Schumpeter zeichnet sich auch dort durch einen gewissen schrägen Charakter aus. Er ist sehr selbstbewusst, spricht aber Englisch mit einen furchtbaren Akzent. Seine Position zum zweiten zuerst europäischen Krieg ist zumindest wankelmütig. Er hofft anfangs, dass Nazi-Deutschland nur schnell den Krieg gewinnen möge, damit nicht wieder so viel Unheil über den Kontinent komme. Gleichzeitig setzt er sich für die aus Europa fliehenden, v.a. jüdischen Wissenschaftler ein.

Seine wissenschaftliche Tätigkeit vertieft, bzw variiert die große Schrift von 1911. In den Buisiness Cycles für er die Theorie erneut vor und versucht sie mit Unmengen von Statistiken zu belegen. 1942 (deutsch: 1946) erscheint dann Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Hier hinterlegt er seine Demokratietheorie, die in eine Theorie zur kapitalistischen Entwicklung eingebettet ist.

(vgl. neben der Wikipedia auch seine Biografin Schäfer (2008): Die Kraft der schöpferischen Zerstörung. Joseph A. Schumpeter)

 


Die Dekonstruktion der "klassischen" Theorie der Demokratie

Schumpeter will eine "andere" Theorie der Demokratie vorliegen. Dazu nimmt er sich zunächst die"klassische Theorie" der Demokratie aus dem 18. Jahrhundert vor und versucht sie zu dekonstruieren. Dabei wird deutlich, dass seine Abhandlung ein anti-rousseauistisches Kampfschrift ist. Er nimmt mehrere zusammenhängende Thesen vor, die er zu widerlegen versucht: a) Mit Hilfe der neuesten psychologischen und sozial-psychologischen Erkenntnisse der 1920er und 1930er Jahre führt vor, dass man in realiter keinen "ursprünglichen Willen" mehr vorfinden kann, dass alle politischen Willen der Menschen, die in der Masse aufgegangen sind, fabrizierte Willen sind. Sie sind von der politischen Reklame fabriziert. Für alle abstrakten Themen hat der Massenmensch kein Verständnis mehr, vielmehr infantilisiert er (und wählt die Persönlichkeit, die er am ehesten mag)

 

Wir sehen uns bei der Analyse politischer Prozesse weithin nicht einem ursprünglichen, sondern einem fabrizierten Willen gegenüber. Und oft ist es einzig dieses Artefakt, das in Wirklichkeit der volonté générale der klassischen Lehre entspricht. Soweit dies so ist, ist der ‚Wille des Volkes‘ das Erzeugnis und nicht die Triebkraft des politischen Prozesse“. KSD, S. 418

 

b) Der Gemeinwille ist eine Fiktion. In einer interessengespaltenen Gesellschaft (ja, er nimmt hier Anleihen bei Marx) kann es per Definitionem keinen allgemeinen Willen geben und er zitiert Rousseau dabei wörtlich. Ohne Gemeinwille fehlt schließlich c) eine allgemeine präskriptive Kraft, die zum Gemeinwohl führt. Vielmehr zeige die Realität, d) die Herrschaft der Mehrheit und nicht die Herrschaft aller. "Das eine mit dem anderen gleichzusetzen, löst nicht das Problem", schreibt Schumpeter. So führt die "klassische" Theorie schließlich zur Identität von Bürgern und Regierung. Da sich die Bürger selbst eine Repräsentation geben (wählen), regiert sich das Volk selbst, sagt e) das Identitätstheorem. Das ist jedoch offensichtlich falsch, sagt Schumpeter, regiert werden wir von einer Elite, einer politischen Elite.

 

Die "andere" Theorie der Demokratie Schumpeters

„Wir definieren: die demokratische Methode ist diejenige Ordnung der Institutionen zur Erreichung politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwerben“. KSD, S. 428

 

Schumpeter definiert die Demokratie tatsächlich als "Prozedur" oder Methode. Das soll verschiedene Vorteile mit sich bringen. Zunächst ist diese formale Definition geeignet, als eindeutige Kriterium zu dienen. Man frage das zu untersuchende politische System, ob die Methode angewandt wird, und schon weiß, ob es sich um eine Demokratie oder um etwas anderes handelt. Demokratie liege nur dann vor, wenn dies unter gewaltfreien Bedingungen und und freiheitlichen Bedingungen geschehe. Auch die Absetzung der Regierung müsse dieses Kriterien genügen. Die Mindestvoraussetzungen bezogen auf Freiheit setzt Schumpeter dadurch, dass er sagt, jeder Kandidat müsse die Freiheit haben, "sich dem Wahlvolk vorstellen zu können". Außerdem muss eine "freie Presse" gegeben sein. An anderer Stelle betont er, dass die Freiheit derjenigen vergleichbar sein muss, dass sich eine Unternehmung, ein Betrieb gründen lassen muss. Demokratie ist unter diesen Voraussetzungen Konkurrenz um die freien Stimmen: Mehrere Kandidaten werben um die Stimmer der Wähler. Der Wähler sucht sich - nach möglichst rationalen Kriterien! - den besten Kandidaten aus. Endlich, so Schumpeter, ist diese "andere" Theorie geeignet, die notwendige Funktion von "Führung" im politischen Prozess zu beschreiben. Latent vorhandene Positionen werden erst dann zum Leben erweckt, wenn ein begabter politischer Mensch diese latenten Stimmungen aufgreift und sie in den politischen Prozess einspeist. Das ist die Qualität der Führung und so bestimmt sich politische Elite: Politische Themen aufgreifen, sie in den politischen Prozess einbringen, für sie eintreten, sie wählbar machen. 

Fragt man Schumpeter, ob diese Demokratie aus Voraussetzungen hat, dann antwortet er mit ja. Hier bleibt letztlich offen, ob er nicht doch auch normative Voraussetzungen für dieses Funktionieren der Prozedur benötigt. Abstrakt könnte er vielleicht sagen, dass die "Prozedur", die "Methode", der politische Prozess selbst für die Aufrechterhaltung des Inhaltes sorgt: Bürger können zwischen mehreren Kandidaten frei wählen, wer die Regierung bilden soll.

Schumpeter selbst nennt sechs Voraussetzungen (den ersten Punkt haben wir schon oben vorgestellt). Demokratie ist abhängig ...

 

1.… von Freiheit (sich der Wählerschaft vorzustellen), als Diskussions- und Pressefreiheit, vgl. KSD 431;

2.… von einer vorgängigen Existenz einer Politikerklasse von ausreichender Qualität;

3.… von einer begrenzten Reichweite der Politisierung mit der gleichzeitigen Existenz von politikfreien Sphären;

4.… von der Existenz einer kompetenten Bürokratie;

5.… von der Selbstkontrolle bezüglich des Verhaltens im politischen Wettbewerb und

6.… von einem relativ hohen Toleranzniveau der Gesellschaft. (vgl. KSD 460-470).

 

Diese "Voraussetzungen" sind ganz unterschiedlicher Qualität. Wenn man sich den ersten Punkt vornimmt und auf die USA der 1940er bis 1960er schaut, dann könnte man mit Hannah Arendt sagen, dass es eine besondere Qualität der USA ist, dass nicht über das "Ob" von Demokratie gestritten wird (so wie es der alte Kontinent dauernd tut). Schumpeter lebt und arbeitet also zu einer Zeit, in der das Selbstverständnis, "Wir sind eine Demokratie" unerschütterlich ist. Als Zeitgenosse muss er das so erlebt haben. Die Demokratie ist der archimedische Punkt. Niemand hinterfragt den Kern des Selbstveständnisses der USA. 

Der dritte Punkt ist sozusagen die Antipode der 68er-Bewegung: Mit einem großbürgerlichen Verständnis will Schumpeter insbesondere die bürgerliche Familie (die von zahlreichen Haushaltshilfen gestützt wird) als politikfreie Zone verstanden wissen. Nicht "das Private ist politisch", sondern das Private bleibe bitte völlig unpolitisch, meint Schumpeter. Die Punkte 2 und 4 deuten erneut das elitenorientierte Denken Schumpeters an: Politik und Verwaltung (und damit die Demokratie) kann sich nur erhalten und reproduzieren, wenn entsprechend ausgebildete Eliten zur Verfügung stehen. Das muss aber nichts verwerfliches sein. Elite heißt in einer hochgradig verwaltungsrechtlich spezialisierten Gesellschaft nur, dass gut ausgebildete Verwaltungsfachleute die Hochschulen verlassen und in den Behörden Platz finden, in denen sie genügend Anerkennung erzielen, so dass nicht korrumpierbar werden.

Sehr spannend sind die Punkte 5 und 6, weil Schumpeter hier - vielleicht auch vor dem Hintergrund der gefallenen Weimarer Republik und des österreichischen Parlamentarismus - die Eliten und Bürger in die Pflicht nimmt: Wenn ihr euch einmal entschieden habt, dann müsst ihr den Ausgewählten entsprechend auch die Möglichkeit geben, über den bestimmten Zeitraum X ihre Politik umzusetzen. Von einem imperativen Mandat würde Schumpeter nichts halten, von einer Opposition, die ständig Misstrauensanträgen erarbeitet, ebenso wenig.

Die allgemeine Frage A ist jetzt beantwortet. Wir haben die 'normative Brille' entfernt und sehen auf die nackte Realität der Demokratie. Diese Demokratietheorie ist keine Zwei-Welten-Theorie, hier das Verfassungsideal und dort die Verfassungswirklichkeit. Nein, die westliche Demokratie ist einfach nur beschrieben und dargestellt wie sie "tickt".


Ökonomik und Politiktheorie

Schumpeters Theorie als Elitentheorie fordert im Jahr 2019 ff. von uns Lesern einiges an Durchhaltewillen. Sein Gleichnis über den Ministerpräsidenten, der derart von den Alltagsgeschäften in Anspruch genommen wird, dass er einem Reiter gleicht, der vor lauter Anstrengung, sich im Sattel halten zu müssen, kaum mehr Kraft für planerisches, visionäres Denken habe, wirkt einerseits sehr antiquiert und 'aus der Zeit gefallen' und andererseits enthält es wieder Elemente einer Beschreibung, die wir als Realität anzuerkennen bereit sind.

Die Arbeit von Joseph Schumpeter ist getragen von ökonomischen Kategorien. Einer, der sich darin auskennt (Prisching), nennt das Verfahren 'ökonomische Kategorien in nicht-ökonomische Kategorien einbetten. So entsteht dann eine Demokratietheorie, die durchaus als Analogiebildung aus dem Bereich der Ökonomik verstanden werden kann. Achtung! Das muss nicht per sehr schlecht. Man denke dabei an jene Forscher, die heutzutage zu möglichst genauen Wahlvorhersagen kommen wollen und dabei virtuelle Parteien-Aktien verkaufen. Das ökonomische Rationalverhalten, die Nachfrage nach Parteienaktien führt interessanterweise zu sehr genauen Wahlvorhersagen, vgl. https://boerse.prognosys.de/

 

Eine Liste der Analogien sieht dann wie folgt aus:

  • Der Konkurrenzkampf der Politiker ist der freien Konkurrenz von Waren und Arbeitskräften auf ökonomischen Märkten nachgebildet.
  • Schumpeter hat im „Politiker“ den Entrepreneur der Ökonomik wiedergefunden: der Politiker ist der politische Unternehmer, und als Innovator setzt er sich durch.
  • Politische Themen, die ein Politiker aufgreift, „haben Konjunktur“ (Boom-Phasen) und geraten in Abschwungphasen (Rezession), wie sodann auch die Politiker und die Parteien, die diese Themen getragen haben.
  • Der politische Prozess, der gewaltfreie Kampf und freie Wählerstimmen, produziert Politiker und – als nicht-intendierte Nebenfolge – Gesetze, die auf das Gemeinwohl ausgerichtet sind (ethischer Egoismus in seiner gesellschaftlichen Form).

 Am Ende dieser Erörterung soll nicht vergessen werden, dass Schumpeter auch "blinde Flecken" vorzuweisen hat. Dies wurde weiter oben als allgemeine Frage C gekennzeichnet. Es sind mindestens drei offensichtliche 'blinde Flecken':

  1. „Mehrheit ist Mehrheit“, diese Tautologie könnte von Schumpeter stammen. Die „strukturelle Gewalt“, die sich dahinter verbergen kann, sieht er nicht: Minderheitenrechte sind nicht das Thema Schumpeters.
  2. Die Zivilgesellschaft kennt Schumpeter nicht. Die Formen der „beratschlagenden Demokratie“ sind ihm fremd.
  3. Dass „ein Depp“ (ein ökonomisch erfolgreicher) sich doch in der Politik durchsetzen kann, wenn er „als Innovation“ die Desavouierung „des Systems“ betreibt, konnte oder wollte sich Schumpeter nicht vorstellen (Den antiken Diskurs „Demokratie“ oder Tyrannis“ nimmt er nicht auf).

Resümee

Die allgemeine Frage B führt hier und jetzt zur Frage "Wie man mit Schumpeter gegen Populisten argumentieren kann?" Folgende Punkte kann man zu Beginn - mit Schumpeter - argumentativ setzen: 

 

  1. Unsere Demokratie funktioniert!
  2. Das Kriterium des „freien Wettbewerbs“ (ohne Gewalt) zeigt uns an, dass wir tatsächlich in einer Demokratie leben.
  3. Und ja, wir dürfen akzeptieren, dass Demokratie die Herrschaft des Politikers ist (der doch „irgendwie“ jemand von uns ist).
  4. „Politscher Mensch“ sein wollen und in einer gesellschaftlichen Praxis zu bleiben, die jeden Tag nur den homo oeconomicus anspricht, ist eine Sisyphos-Aufgabe.
  5. Wer Politik betreibt, macht in der Politik unausweichlich eine Karriere. Politik wird Beruf.
  6. Der Politiker kann – systembedingt – im Wesentlichen nur die vier oder fünf Jahre der nächsten Legislatur im Blick haben.
  7. Die Demokratie (v.a. aufgrund von (2) und (6)) zeigt Effizienzverluste gegenüber autoritären Regimen. Das schade, aber nicht zu vermeiden.

Was aber, wenn ein Populist die Diskussions-Agenda setzt? Stellen Sie sich vor, Sie hören das folgende Argument: "Die Realität (oder auch: Schumpeter) zeigt, wie schäbig die Wirklichkeit ist: Der Staat ist in Händen einer kleinen politischen Elite, die allein ihre Interessen verfolgt". Wie könnte eine mögliche Antwort lauten? Sie versuchen es: Nein, ein realistischer Blick auf Politik zeigt, dass sich notwendigerweise eine Berufsklasse von Politikern bildet, diese Klasse ist Teil von uns, wie die Berufsklasse der Bäcker auch. Jede Elite geht ihren eigenen Interessen nach (sich selbst zu erhalten); die Politiker*innen sind allerdings insofern besonders, dass sie auch Teil-Interessen aus der Gesellschaft aufgenommen haben und als Vertreter dieser Teilinteressen gewählt

worden sind". Des weiteren wird hier auf die "10 Strategien gegen Stammtischparolen verwiesen".

 

Literatur:

A. Schumpeter:

•Joseph A. Schumpeter (2005, 8. unv. Auflage): Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, Tübingen und Basel.

•Joseph A. Schumpeter (1993): Kann der Kapitalismus überleben?, in: Matis, (Hg.), S. 19-38.

 

B. Weitere Literatur:

•Stephan Böhm (o.J.): Joseph. A. Schumpeter, in: Heinz D. Kurz (Hg.): Klassiker des ökonomischen Denkens Bd. 2. Von Vilfredo Pareto bis Amartya Sen, o.O.
•Wolfgang Kersting (2000): Politik und Recht. Abhandlungen zur politischen Philosophie der Gegenwart und zur neuzeitlichen Rechtsphilosophie, Velbrück.
•Jürgen Kocka (2018): Schöpferische Zerstörung. Joseph Schumpeter über Kapitalismus, in: Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung (1/2018), S. 45-54.
•Heinz D. Kurz, Richard Sturm (2012): Schumpeter für jedermann. Von der Rastlosigkeit des Kapitalismus, Frankfurt a.M.
•Herbert Matis, Dieter Stiefel (1993) (Hg.): Ist der Kapitalismus noch zu retten? 50 Jahre Joseph A. Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, Wien.
•Manfred Prisching (1993): Die Rationalität der modernen Demokratie – Schumpeters zeitgemäße Betrachtungen, in: Matis, Stiefel (Hg.), S. 183-248.
Projekt Tandem NRW. Demokratie Support (2017): 10 Strategien zum Umgang mit Stammtischparolen, Recklinghausen.
•Annette Schäfer (2008): Die Kraft der schöpferischen Zerstörung. Joseph A. Schumpeter. Die Biografie,  Frankfurt a.M. (Campus).
"Joseph Schumpeter", Eintrag in der Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Schumpeter  

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